Versailles. Die kegelförmig beschnittenen Sträucher stehen wie eine königliche Leibgarde Spalier. Foto Dermerzel21 – stock.adobe.com


Andreas Jürgens

Die Gartenkunst, die Gestaltung eines nach ästhetischen Kriterien angelegten Gartens, gilt als Ausdruck der Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies. Vom Renaissancegarten bis zur modernen Landschaftarchitektur, die Lust am Garten wächst durch alle Epochen hindurch.

Folge 1: Die Gärten der Macht.

Die biblische Vertreibung aus dem blühenden Garten Eden, dem Sinnbild für die Urheimat des Menschen, hinein in eine sonnenverbrannte Landschaft, können wir uns vielleicht als ein Trauma denken, durch das wir unseren eigenen ›grünen Daumen‹ entwickelten. Nicht erst mit der zunehmenden Urbanisierung, der Wohnraumverdichtung und der Flächenversiegelung, zieht es den Menschen hin zum Grün.

Schon die »Hängenden Gärten von Babylon« sollten eine Königin an die Berge und Wälder ihrer Heimat erinnern. Den alten Griechen galten die Hesperiden als Wächterinnen über einen Baum mit goldenen Äpfeln. Diese wähnten sie in einem im äußersten Westen gelegenen Göttergarten, in den sich Herakles schlich, um sie zu pflücken. Bereits Platon aber besaß einen eigenen, den Musen gewidmeten Garten in Athen, in dem er auch Unterricht gab. Der Römer Cicero wiederum meinte, wer einen Garten (und eine Bibliothek) besäße, dem würde es an nichts fehlen.

Von der Antike bis zur Gegenwart finden sich in der Gartenarchitektur nicht nur Beispiele für Schöngeistiges und Naturliebe, sondern auch solche für Machtinszenierung und Naturbeherrschung. Besonders in den großen Schlossgärten inszenierten sich ihre Besitzer als Träger einer Kulturelite, die sich auf vergangene Epochen berief und dieses kulturelle Erbe erweiterte und weitertrug.

Wer heute durch die Ruinen alter Parkanlagen oder die gepflegten Gärten ehemals adeliger Residenzen geht, blickt auf eine Kunst, die das kollektive Gedächtnis prägt und wie für die Ewigkeit geschaffen scheint. Die auf Götter, Philosophen oder Komponisten verweisenden Skulpturen, die in Form geschnittenen Bäume und Sträucher, die jedes Jahr aufs Neue blühenden Beete und das zirkulierende Wasser der Brunnen sind ein Spaziergang durch die Kulturgeschichte des Gartens.

Im alten Rom waren Gärten Teil der Villenkultur, wobei eine Villa nicht ein einzelnes herrschaftliches Haus, sondern eher eine Art Landsitz bezeichnete. Wohngebäude und Garten bildeten hier eine Gesamtanlage. Entlang von Wandelgängen standen Skulpturen, Pflanzkübel und von Beeten umsäumte Brunnen. Diese Gärten nahmen an Fläche und Opulenz immer mehr zu – je nach gesellschaftlichem Stand und finanziellen Möglichkeiten ihrer Auftraggeber.

In der römischen Kaiserzeit umfasste das Gebiet auf dem auch Neros »Goldenes Haus« stand, bereits knapp 80 Hektar. Nach einer der größten Feuersbrünste der antiken Stadt – die Kaiser Nero möglicherweise selbst befahl – hatte er die Besitzer des zerstörten Areals kurzerhand enteignet und ließ dort eine Parkanlage gestalten, mit Säulengängen, Brunnen und Pavillons. Mittendrin, an der Stelle wo später das Colosseum errichtet wurde, legte man einen künstlichen See an.

30 Kilometer nordöstlich von Rom entstand im Auftrag Kaiser Hadrians ab 118 n. Chr. in 10-jähriger Bauzeit eine besondere Gartenanlage, dessen Stil die Gartenarchitektur Europas nachhaltig prägte. Die Hadriansvilla umfasste neben Palast und Skulpturengärten auch Gäste-, Badehäuser und Bibliotheken, und war schon vom Umfang her eher eine Gartenstadt denn eine traditionelle Villa. Im Sommer wurden hier Teile der kaiserlichen Verwaltung einquartiert und man verband das grüne Idyll mit dem politischen Geschäft.

Hadrian, der das Römische Imperium von 117 – 138 regierte, traf hier aber auch seine engsten Vertrauten und Freunde. Umgeben von Skulpturen und Zierpflanzen, fand man sich zum Bankett am großen Wasserbecken ein. An der Quelle, die das Becken füllte, thronte der Kaiser über der Runde – auf der anderen Seite des Beckens die Skulptur des Kriegsgottes Mars. Sie steht noch heute dort und spiegelt sich auf der glitzernden Wasseroberfläche wider.


Der Garten, eine prächtige Kulisse für Macht und Reichtum.



Villa d’Este in Tivoli. Hier spiegelt, wie schon in den antiken Villen, ›das Gepflanzte das Gebaute wider‹.


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Matteo Panara – unsplash

Zurück zum Licht der Antike

Nur wenige Kilometer nördlich der Villa Hadrian liegt die Villa d’Este. Beide gehören heute zum Weltkulturerbe, doch trennen die Gärten fast 1400 Jahre voneinander. Als Kardinal Ippolito d’Este 1550 den terrassenförmig angelegten Garten bauen ließ, hatte er bereits ein Vermögen angehäuft und befand sich auf dem Gipfel seiner Macht. Zwar war seine Kandidatur zur Papstwahl nicht von Erfolg gekrönt, doch wurde er ein Jahr vor Baubeginn zum Statthalter Tivolis ernannt – auf Lebenszeit. An der Stelle eines ehemaligen Benediktinerklosters verwirklichte er seinen Traum eines Italienischen Gartens, dem Giardino all‘ italiana, und nahm dabei auch Bezug auf antike Vorbilder. So veranlasste er Ausgrabungen an der Villa Hadrian, die die Gestaltung der Villa d’Este maßgeblich beinflussten.

Diese idealisierende Rückbesinnung ad fontes zeigt sich auch im Zusammenspiel der unterschiedlichen Springbrunnen und Skulpturen mit den Bäumen und Pflanzen der Anlage. Sie bilden, wie schon die antiken Villen, eine Einheit in der das Gepflanzte das Gebaute widerspiegelt. Aus den Ruinen der Villa Hadrian ließ d’Este Teile der Skulpturen in seinem eigenen Garten aufstellen, um ihn noch prächtiger wirken zu lassen. Daneben ließ er auch mythologische, heidnische Figuren anfertigen, deren Allegorien und Symboliken von seinen Gästen entschlüsselt werden mussten.

Auch die antiken römischen Techniken der Wasserversorgung sollten seine Architekten genau untersuchen. Durch die oberhalb Tivolis gelegenen Quellen stand ihnen ein natürlicher Wasserreichtum zur Verfügung, der den Betrieb von zahlreichen Brunnen ermöglichte. Schon im Alten Rom war die Ingenieurskunst so hoch entwickelt, dass seinen Bürgern Bäder, Brunnen und Thermen mit Trinkwasser zur Verfügung standen.

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts kam es in Europa wieder zu einer Rückbesinnung auf die Antike. Mit der Renaissance, der »Wiedergeburt«, hielten in der Malerei, der Musik, der Literatur, ebenso wie in der Architektur und damit letztlich auch in der Gartenkunst, ein neues Naturbewusstsein und eine individualistischere Sicht auf den Menschen Einzug. In Florenz, einem Zentrum dieser Kulturepoche, ermöglichte auch das Mäzenatentum der Familie Medici die Entstehung einzigartiger Kunstwerke. Die Medici, ursprünglich im Textilhandel tätig, gelangten durch erfolgreiche Bankgeschäfte zu enormen Reichtum und bald darauf auch zu politischer Macht.

Ihren Aufstieg wussten sie durch die großzügige Finanzierung von Kunst- und Bauwerken gesellschaftlich abzusichern. Die Patronage von Künstlern wie Brunelleschi, Michelangelo und Vasari, trugen maßgeblich zur rasanten Entwicklung der Kunst ihrer Zeit bei. Eine der Residenzen der späteren Großherzöge der Toskana war der Palazzo Pitti, den die Medici 1549 erwarben.

Der Giardino di Boboli, der Boboligarten, liegt direkt hinter dem Palazzo Pitti. Hier ließen die Medici einen der schönsten italienischen Gärten von Niccolò Pericoli genannt Tribolo anlegen, der zum stilistischen Vorbild für viele spätere Gärten des europäischen Adels wurde. Auch hier wandelt man wie in einem grünen Freilichtmuseum an Statuen der Antike und der Renaissance vorbei, die sich zwischen den seltenen Pflanzen erheben und atmet den Geist der mythologischen Erzählungen und des höfischen Lebens.

Marmorskulpturen erheben sich, umgeben von Zitrusbäumen und seltenen Rosen, über dem Ozeanbrunnen, der Fontana dell’ Oceano. Er steht auf einer kleinen Insel, die von einem Wasserbecken umschlossen ist – in Anspielung auf den Okeanos, einem gewaltigen Strom. In der griechischen Mythologie umschloss dieser die damals bekannten Erdteile Europa, Asien und Libyen (Afrika). An seinem äußersten, westlichen Rand lagen die Träume – und der Eingang zur Unterwelt …

Der Garten wurde bald Schauplatz von Empfängen und rauschenden Festen und damit Teil der Politik der Medici. Sie demonstrierten ihren Konkurrenten vor dieser prächtigen Kulisse ihre Macht und ihren Reichtum und versprach ihren Parteigängern Frieden und wirtschaftliche Stabilität. Fast drei Jahrhunderte vergrößerten sie auch so ihren Einfluss – bis in den Vatikan und den europäischen Hochadel hinein. Mehrere Päpste stammten aus ihrer Familie, mit Caterina de’ Medici als Ehefrau von Henri II. wurde 1547 eine Medici Königin von Frankreich.


›Le jardin, c'est moi‹: Bis zum Größenwahn gesteigerte Schönheitsliebe.


Sonne und Schatten über Versailles

Frankreich, 1662. Personenkult und prunkvoller Hofstaat prägten die Herrschaft Louis XIV. In diesem Jahr begann der königliche Landschafts- und Gartengestalter André Le Nôtre einen Schlossgarten mitten in ein unwirtliches Sumpfgebiet zu bauen. Versailles umfasste damals nur wenige Gebäude, doch Louis ließ den Ort in einem Umfang zur Residenzstadt ausbauen, der die Gegend vollkommen verwandelte.

Der sogenannte Sonnenkönig hatte eine augenfällige Vorliebe für Kunst, Eleganz und Prunk. Die Epoche des Barock galt lange als Kritik gegen alles, was bizarr, Regeln und Proportionen sprengend oder übertrieben dekoriert schien. Tatsächlich stehen die Gärten von Versailles wie kaum eine andere Gartenanlage für die Domestizierung ungezügelter Natur, für Symmetrie, Form und Perspektive.

Geometrische Formen beherrschen nahezu alle Bereiche der Gärten von Versailles. Die kegelförmig beschnittenen Sträucher stehen wie eine königliche Leibgarde Spalier. Die wilde ›Unordnung‹ der Natur ist verbannt, stattdessen präsentieren sich hier überall die Zeichen ihrer Beherrschung. Le Nôtre gliederte die Gärten durch von Hecken und Skulpturen umsäumte Sichtachsen, die den Blick ins scheinbar Unendliche freigeben. Dazwischen wurden parterres de broderie, an Stickereien erinnernde Beete mit farbigen Steinen angelegt.

Mit dem Grand Canal entstand eine bis zu 80 Metern breite und 1,6 Kilometer lange Wasserstraße quer durch den Schlossgarten, auf dem sogar Schiffe fuhren, die der königlichen Marine zu Testzwecken dienten. Hierfür und für die Versorgung der vielen Brunnen, Speier und Kaskaden wurden enorme Mengen an Wasser benötigt. Die Umgebung von Schloss Versailles wurde dafür beinahe ›ausgetrocknet‹, die Teiche der Region leergepumpt und ein Aquädukt von der Seine zur Gartenanlage errichtet. Unterirdische Kanäle führten zu riesigen Wassereservoirs und man erwog sogar die Loire umzuleiten.

Dieser Wille zur Naturbeherrschung und der absolutistische Machtanspruch Louis XIV. spiegelte sich auch in den oft tagelangen pompösen Festen wider. Der französische Hochadel und Teile des Klerus wurden zur Anwesenheit gezwungen, um sie besser kontrollieren zu können. Die Gärten machten auch auf ausländische Gäste einen großen Eindruck: Wenn der König von Frankreich so reich war, konnte in den Straßen von Paris niemand hungern, – ein angesichts des Elends großer Bevölkerungsschichten trügerisches Bild.

Mit der Skulptur im Enceladus-Brunnen, der aus dem mythologischen Aufstand der Riesen gegen die Götter erzählt, ließ der König zudem eine Warnung an potentielle Gegner und Intriganten am eigenen Hof schaffen. Sie zeigt einen der Riesen, Enceladus, der unter Steinen begraben wird. Despotismus, aber auch eine bis zum Größenwahn gesteigerte Schönheitsliebe prägten die Herrschaft des Sonnenkönigs, ohne die es die Gärten von Versailles aber wohl so nicht gäbe …

Grundriss für ein großes Broderiebeet, Herzog-August-Bibliothek
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Grundriss für ein großes Broderie-Beet. Herzog-August-Bibliothek.


Ein Fenster zum Westen öffnet seine Flügel

Am Rande einer rauhen und vom Meer bespülten Landschaft liegt Peterhof. Als Zar Peter I. eine praktischerweise nach ihm benannte neue Hauptstadt bauen ließ, plante er auch seine neue Sommerresidenz. Knapp 30 Kilometer vor St. Petersburg liegt Peterhof, das ab 1715 entstand. Mit dem Anspruch, ein ›Versailles des Nordens‹ zu schaffen, beauftragte er unter anderem Alexandre Le Blond, einen von André Le Nôtre beeinflussten Architekten. Auf den lehmig-sandigen Boden der Gegend wurden fruchtbare Erde aufgebracht und tausende Ahorn-, Linden- und Eichenbäume gepflanzt.

Ähnlich wie in Versailles, wird ein Teil der Gartenlage von Peterhof durch eine Art ›Wasserachse‹, einen Kanal geteilt, der hier vom Finnischen Meeresbusen bis zu einer großen Kaskade mit vergoldeten Skulpturen vor den Palast führt. Mit seinem dichten Baumbestand und Statuen von Eva und Adam wirkt dieser Teil der Anlage ursprünglich, fast paradiesisch. Auf der anderen Seite des Palastes öffnet sich dagegen eine streng strukturierte Anlage mit Rasen, Hecken und Obstbäumen und einem Neptunbrunnen im Zentrum.

Peter stellte seine Sommerresidenz unter den Schutz des Meeresgottes, und hier an den Ufern der Ostsee ist der Gott seinem Element ganz nahe. Es entstand eine prächtige Gartenanlage, die ebenso wie die neu geschaffene Hauptstadt, Planbarkeit und Willenskraft als Mittel der Naturbeherrschung zeigt. Die westeuropäische Gartenästhetik mit ihren Allegorien und technischen Innovationen diente ihm dabei als Vorbild, und auch Peterhof ist ein Ort der Machtinszenierung und ihrer Zeremonielle.

Die Verlegung der Residenz von Moskau an die Ostsee demonstrierte den Anspruch des Riesenreiches als europäische Seemacht. Wer in Peterhof empfangen wurde, musste an einer Skulptur vorbei, die den Herrscher selbst symbolisieren sollte. Vor der spektakulären Kaskade steht der biblische, scheinbar unbezwingbare Samson, der einem Löwen das Maul aufreißt. Ist der Besucher noch heute von der Schönheit des Gartens ›geblendet‹, so erblindete Samson, fand aber wieder zu alter Stärke zurück – und zerstörte den Tempel der Philister.


Blüten und Früchte versprühen ihren Duft im ›preußischen Arkadien‹.


Orangerieschloss im Park Sanssouci
Nico Ruge – Unsplash

Das Orangerieschloss im Park Sanssouci. Mit seinen Pflanzenhallen, dem Raffaelsaal, zahlreichen Plastiken, Brunnen und Terrassen, auch ein Ausdruck der Italiensehnsucht der Deutschen.


Ein Philosoph und ein König streiten sich im Garten

Der ›Wüste Berg‹ bei Potsdam. Auf einem kahlen Hügel sollte nach dem Willen Friedrich II. ein Weinberg inmitten eines großen Lustgartens entstehen. 1744, vier Jahre nach seiner Krönung zum Preußischen König, beauftragte er seinen Baumeister Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff damit, ihm abseits vom geschäftigen Berlin ein Refugium zu schaffen. Es wurde zunächst ohne ein Schloss geplant, nur ein kleines Gartenhaus sollte hier stehen. Der Monarch wünschte sich einen eigenen Hesperidengarten in dem Pomeranzen wuchsen, die auch als die ›Goldenen Äpfel‹ galten. Ein terrassierter Hang mit hunderten Weinstöcken wurde angelegt.

Weil Friedrich hier aber auch die Sommermonate verbringen wollte, ließ er kurze Zeit später Schloss Sanssouci, sein ›Schloss Ohnesorge‹ planen. 1747 öffnete das ›Lusthaus auf dem Weinberge‹, wie das im friderizianischen Rokokostil errichtete Bauwerk auch genannt wurde, seine Pforten.

Doch ist diese Anlage nur ein kleiner Teil des insgesamt 300 Hektar großen Park Sanssouci. Fast 100 Bauwerke, darunter drei Schlösser, eine Kirche und Römische Bäder, stehen hier weitläufig verteilt. Auf dem gesamten Areal sind die unterschiedlichsten Gartenstile zu finden: Lust- und Nutzgärten, die in waldartige Abschnitte übergehen, ein nordischer, ein sizilianischer – und ein botanischer Garten. Man trifft auf Phoenixpalmen und auf Zitruspflanzen, deren Blüten und Früchte ihren Duft in das ›preußische Arkadien‹ versprühen, bevor sie ihren Winterschlaf im Orangerieschloss halten.

Ein Spaziergang durch den Park Sanssouci ist wie eine Reise durch die europäische Gartenkunst, auf der man Büsten von Göttern und Fürsten in Carrara-Marmor begegnet, aber die berühmte »Tafelrunde von Sanssouci« versammelte auch in natura große Köpfe. Im Jahr 1750 kam François-Marie Arouet, genannt Voltaire, an den Preußischen Hof. Er sah in Friedrich den künftigen ›Herrscher Europas‹, einen aufgeklärten, humanen König – und einen Gastgeber, der ihm ein gutes Einkommen sicherte. Drei Jahre blieb der ›königliche Philosoph‹ beim ›philosophierenden König‹, bis er Sanssouci schließlich im Streit verließ.

War Friedrich der Freigeist unter den Monarchen? Um Preußen zu regieren, brauchte es mehr als den Duft von Orangen und intellektuelle Gespräche in Laubengängen. Krieg und Frieden bestimmten auch seine Herrschaft. Schloss Sanssouci, dem mit Bacchanten geschmückten Lusthaus, stand später am anderen Ende des Parks das Neue Palais gegenüber, zum Zeichen der Siege Preußens. Heute ruht Friedrich der Große mitten in seinem Weinberg, umgeben von den Büsten sechs römischer Kaiser, bewacht von der Skulptur der Flora, Göttin der Blüte, mit Zephyr, dem Westwind. Auf den Wiesen des Parks weiden friedliche Schafe.

Europa im Dornröschenschlaf

Das Europaviertel in Brüssel. In der Glasfassade des Parlaments spiegeln sich Bäume, die hinter einer unscheinbaren Mauer wachsen. Fast geht man achtlos am abblätternden Putz vorbei, abgelenkt durch den alles dominierenden Bau gegenüber. Ein kleines gußeisernes Tor führt in den Tuin van de burgers, den Bürgergarten. In seiner Mitte ein kleiner Musikpavillon, gerade groß genug für ein Quartett. Wenige Menschen finden in den kleinen Garten, die meisten dürften wohl wegen des gleich nebenan gelegenen Wiertz-Museums kommen, aber es ist auch wenig Platz. Man dreht die kleine Runde auf den von Rasen und Hecken begrenzten Wegen, vorbei an Büsten von Homer, Sokrates, Dante, immerhin – und ein paar Holzskulpturen, deren Bedeutung erst nach dem Scannen des QR-Codes klar wird.

Dann noch eine Installation: ein Plexiglasregal mit dem Titel »Die Verschwindende Wand«. In den Fächern liegen Holzklötze mit Zitaten berühmter Europäer. Pessoa liegt neben Camus, ein Liedtext der Beatles unter einer Szene aus der fabelhaften Welt der Amélie. Der Besucher wird aufgefordert, die Klötze mit nach Hause zunehmen – bis die Wand verschwunden ist.


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