Die weite Verbreitung des Europa-Namens zur Bezeichnung eines Erdteils, die in den meisten Fällen zugleich mit der Kenntnis des zugrundeliegenden Mythos von der Entführung der namensgebenden Königstochter durch den liebesentbrannten Zeus einherging, kann für die Zeit des Mittelalters nicht angemessen beschrieben werden, ohne zunächst einige Hinweise zur antiken Vorgeschichte zu bieten: Wie die Analyse der mittelalterlichen Quellen zeigen wird, zehrte die spätere Fortentwicklung trotz mancher Absetzungs- und Reinterpretationsbestrebungen intensiv von den Wissensbeständen und Deutungstraditionen der Antike. Dass der Begriff (oder besser Name) Europa in der griechischen Tradition zur Bezeichnung des Erdteils wurde, ist weithin bekannt und akzeptiert. Wesentlich umstrittener sind dagegen auch in der heutigen Forschung die Fragen nach der etymologischen Herkunft sowie nach der kulturellen Dimension des Begriffs: Ebenso wie für das Mittelalter die Existenz einer Europa-Vorstellung bezweifelt wird, die eine rein geographische Komponente überstieg, gilt dies auch für die Antike. In den folgenden Abschnitten soll daher kurz skizziert werden, an welche Vorgaben der antiken Tradition die mittelalterlichen Entwicklungen anknüpfen konnten.
Europa – Name und Bedeutung
Vor allen Ausführungen zu den Inhalten der Europa-Geschichte, der mythologischen Benennungsgeschichte des Erdteils und hieran anschließenden Traditionen sei der Blick zunächst auf das Wort selbst gelenkt: Die modernen Forschungsbeiträge zur Geschichte der Europa-Vorstellungen, aber auch Darstellungen, die sich an ein breiteres, nicht-akademisches Publikum richten, enthalten regelmäßig auch mehr oder weniger ausgearbeitete Hinweise zur Etymologie des Europa-Namens selbst. Für dessen Entstehung werden dabei grundsätzlich zwei unterschiedliche Möglichkeiten in Erwägung gezogen: eine Herkunft aus dem Semitischen oder aber eine genuin griechische Prägung. Die ältere Ansicht, das Wort Europa gehe auf einen semitischen Ursprung zurück, erscheint etwa bereits in der »Encyclopédie« von Diderot und d’Alembert, die als wahrscheinlichste Wurzel das phönizische urappa nennt, das so viel bedeute wie »weißes Gesicht«. Neuere Arbeiten erwägen eine Herkunft von der nicht belegten phönizischen Wurzel `rb, die mit dem hebräischen `ereb (oder æræb), also »Abend«, in Verbindung zu bringen sei. Dem lassen sich weitere Hinweise auf Formen aus dem Akkadischen und dem Arabischen an die Seite stellen, die insgesamt auf den »Sonnenuntergang« verweisen, der zur Bezeichnung der Länder im Westen geführt haben könnte. Eine Ableitung des griechischen europé von solchen Wurzeln scheint zumindest denkbar zu sein.
In der Forschung wird daneben auch eine genuin griechische Etymologie diskutiert, die den Namen von eurýs (weit) oder eûros (Weite) herleitet und damit eine Tradition der antiken Deutung aufgreift, wobei der nahehegende Zusammenschluss von eurý- (weit) mit ōps (Gesicht) oder óps (Stimme) zum »weithin sehenden bzw. schauenden« aus linguistischen Gründen wohl ausgeschlossen werden kann. Der Deutung der »Encyclopédie« geradezu diametral entgegengesetzt sind nicht nur die erwähnten semitischen Ableitungen, die allesamt auf das »Abendland« zu verweisen scheinen, sondern auch eine bereits in der Antike diskutierte Herkunft vom griechischen eurōs (Moder, Verwesung) oder eurōeis (modrig), die ebenfalls mit der Vorstellung des »Finsteren« in Verbindung zu bringen ist.
Insgesamt räumen gerade die jüngsten Beiträge zu diesem Thema ein, dass die Frage der Herkunft letztlich nicht mit Sicherheit zu klären ist. »Europa, ein Wort aus einer unbekannten Sprache, mit unbekannter Bedeutung, auf den dunklen und verschlungenen Wegen der Metamorphose eines Mythos zu einer Prinzessin gelangt, die sogar Griechenland nur von Weitem kennt.« (Immanuel Musäus, Der Name Europas). Damit wird zugleich sämtlichen Darstellungen, die sich heute in poetischer Manier an einem vorgeblich »ursprünglichen« Sinngehalt versuchen, die legitime Grundlage entzogen.
Wichtiger noch als diese Konsequenz für den Rahmen moderner Spekulation ist für mein Thema im engeren Sinne die Tatsache, dass in den Jahrhunderten des Mittelalters die etymologische Herleitung des Europa-Namens offensichtlich kaum interessierte: Selbst ein Autor wie Isidor von Sevilla, der die Etymologie zum Programm seiner enzyklopädischen Darstellung erhob, versuchte sich zu Europa an keiner Deutung, die über die Erklärung des Mythos von der »phönizischen« Königstochter hinausgegangen wäre. Dasselbe galt bereits im 2. Jahrhundert für Sextus Pompeius Festus in seinem »De verborum significatione«, der schlicht notierte: Europam tertiam orbis partem ab Europa, Agenoris filia, certum est appellari, um dann die bekannte Entführungsgeschichte in rationalisierender Manier folgen zu lassen. Diese Feststellung erstaunt umso mehr, als das Phänomen nicht einfach mit einer Besonderheit der Kategorie ›Erdteil-Namen‹ zu begründen ist: Im Falle Afrikas kannten die mittelalterlichen Autoren neben der Bezeichnung als Libya (nach einer gleichnamigen mythologischen Figur) zwei Varianten, von denen eine auf die Benennung nach einem Afer verwies, die andere auf die Herkunft des Wortes von aprica, womit die Offenheit des Erdteils zum Himmel und der Sonne angesprochen sei, welche Kälte verhindere.
Europe, c’est-à-dire ›bonne rive‹
Im Falle Europas spürten dagegen nur wenige Autoren einer eigentlichem Wortbedeutung nach. Bei denjenigen, die es dennoch taten, sind die näheren Hintergründe ihres Interesses im Detail nicht aufzuklären. Insgesamt sind mir aus den mittelalterlichen Jahrhunderten lediglich vier Belege bekannt, die sich an eine solche etymologische Interpretation wagten: Ein erstes Beispiel bietet ein irisch-lateinischer Kommentar zu Orosius, der nur grob auf die Zeit zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert datiert werden kann. Der anonyme Glossator des Klassikertextes stellte zunächst wie gewohnt fest, dass Europa nach der berühmten Mythenfigur benannt worden sei, fuhr dann aber fort mit dem Hinweis, dass das griechische Wort so viel bedeute wie »Erde« oder auch »Volk« (tellus): Assia grece eliuatio, Eurupa grece tellus, Africa grece humus vel puluis, sed uerius spumosa quia afron grecit spuma. Der Hintergrund dieser – in der Sache erkennbar unzutreffenden – Erläuterung ist bislang nicht geklärt. Möglich wäre unter anderem eine Kontamination durch die alttestamentarische Erzählung von den Noachiden, in der es heißt, Japhet werde eingehen in die Zelte seines Bruders Sem (Deut 9,27).
Bemerkenswert erscheint vor allem der vermutlich irische Hintergrund des Kommentators, mit dem das besondere Interesse an der etymologischen Interpretation zu erklären sein könnte. Eine solche Deutung kann unter Umständen auch mit einem zweiten Beleg untermauert werden, der etwas genauer in das frühe 9. Jahrhundert datiert wird: Eine vermutlich in Mainz entstandene komputistische Sammelhandschrift, bei der insulare Einflüsse zumindest nicht ausgeschlossen sind, enthält in einer kleinen T-O-Karte kurze Texte zur Aufteilung der Erdteile unter die Söhne Noahs. Darüber hinaus werden auch die Erdteil-Namen knapp erklärt. So heißt es: Asia est nas [?] tellus, während zum westlichen Europa notiert wird: id est lacto [recte: lato] oculo, und Afrika das Interpretament spomalis erhält. Damit ist auch für das Mittelalter zu belegen, dass (wie in der Neuzeit ebenfalls) eine Herleitung aus dem griechischen eurý– und ōps für möglich gehalten werden konnte. Weitere Belege für diese Deutung sind mir bislang allerdings nicht bekannt – gerade im Umfeld komputistischer Handschriften erscheinen neue Funde aber durchaus möglich.
Ein später Kommentar zum zwischen 1291 (oder 1316) und 1328 von einem burgundischen Kleriker verfassten »Ovide moralisé«, der in der vatikanischen Handschrift Vat. lat. 1479 überliefert ist, leitete dann den Namen von eu und ripa her, indem er erläuterte: Europe, c’est-à-dire ›bonne rive‹. Schon zu Beginn des 14. Jahrhunderts präsentierte Bernhard von Kremsmünster in seinem »Liber de origine et ruina monasterii Cremifarnensis« eine ähnliche Deutung: Er schilderte zunächst seine Region als quasi paradiesischen Ort, an dem süße Flüsse voll von wohlschmeckenden Fischen seien, und stellte dann fest, dass dies kaum verwundere, da der hier angesprochene dritte Teil der Welt von alters her Europa genannt werde, also das gute Ufer. Wenngleich diese Herleitung offensichtlich immer noch fehlerhaft ist, nähern wir uns mit ihr nicht nur einer zumindest theoretisch denkbaren Erklärung der griechischen Herkunft an, sondern wir sehen hier zugleich einen Beleg für die Wertschätzung des eigenen Erdteils, der über die Angliederung an die bekannte Erzählung von den Japhet-Söhnen und deren heilsgeschichtliche Rolle hinausgeht, die vor allem die früh- und hochmittelalterliche Tradition prägte.
Entführung einer Prinzessin
Wissenschaftliche Etymologien des Wortes ›Europa‹ interessierten offensichtlich weder die Autoren der Antike noch jene des Mittelalters in herausragendem Maße. Von Bedeutung war für sie vielmehr die Ursprungserzählung der Benennung eines Erdteils nach einer geraubten Prinzessin, die von Zeus entführt und nach Kreta verbracht worden sei. Späteren Erzähltraditionen zufolge wurde sie dort zur Ahnherrin der herrschenden Dynastie; daneben sind auch lokale Kulte nachzuweisen.
Die erste bekannte Nennung des Europa-Namens steht mit dieser breit rezipierten Erzählung allerdings noch nicht in direktem Zusammenhang: Um 700 vor unserer Zeitrechnung erwähnte der boiotische Dichter Hesiod in seiner »Theogonie« eine Europa, die er zu den 3000 Okeaniden zählte. Ein Bezug zur Benennungsgeschichte des Erdteils ist hier nicht zu erkennen. Homer, der vermutlich in dieselbe Epoche wie Hesiod zu setzen ist, nannte den Namen nicht und ließ in seinen Texten auch keine deutlichen Zeichen eines Gegensatzes zwischen Europa und Asien erkennen. Allerdings legte er in seiner »Ilias« Zeus einen Verweis auf dessen Liebschaften in den Mund, zu denen unter anderem die ›Tochter des berühmten Phönix‹ zählt, ›die ihm die gottgleichen Söhne Minos und Rhadamanthys‹ schenkte. Damit war Europa zwar nicht beim Namen genannt, aber die Konturen des später weit verbreiteten Mythos zeichneten sich doch recht klar ab: Wenig später erschien das Motiv deutlicher ausgearbeitet in einem Hesiod zugesprochenen Fragment, das aber wohl ein Jahrhundert jünger ist als die erwähnte »Theogonie«. Soweit er zu rekonstruieren ist, erzählt der Text von einer Europa, die als Tochter Agenors bezeichnet wird, und die mit Zeus die drei Söhne Minos, Rhadamanthys und Sarpedon gezeugt habe.
Mehr oder weniger ausführliche Fassungen des noch heute bekannten Mythos von der Entführung der Europa durch den vor Liebe entbrannten Zeus, der sich zu diesem Zweck in einen Stier verwandelte, finden sich in den folgenden Jahrhunderten (zum Teil in fragmentarischer Form) bei unterschiedlichen griechischen Dichtern. Das Zeugnis Herodots belegt schließlich im fünften vorchristlichen Jahrhundert klar die Tradition der Erdteilbenennung nach der mythischen Figur, wenngleich der Autor die Sinnhaftigkeit dieser Namensgebung skeptisch hinterfragt – wie im Übrigen auch der Dreiteilung der bekannten Landmasse überhaupt. Einzelne Elemente des Mythos konnten durchaus variieren, da etwa manche Dichter Phoinix als Vater Europas bezeichneten, andere wiederum König Agenor von Tyrus. Insgesamt nahm die Erzählung aber schon rasch ein recht stabiles Grundmuster an.
Ein schöner, wohlriechender Stier schwimmt nach Kreta …
Trotz dieser Entwicklung sollten die frühen griechischen Befunde nicht vereinfachend gelesen werden, wie jüngst mehrere Untersuchungen unterstrichen: Tatsächlich kennt die Literatur unterschiedliche Figuren, die den Namen Europa trugen. Durchsetzen konnte sich auf lange Sicht die Erzählung von der Agenor-Tochter, um die herum sich mehrere Helden-Geschichten anlagerten. Seine wohl vollendetste Form erhielt der Mythos im zweiten vorchristlichen Jahrhundert durch den auf Sizilien lebenden Dichter Moschos, der die Geschichte der Entführung reich ausgeschmückt wiedergab. Im Rahmen eines Traumes, den Venus Europa eingibt, streiten sich hier zwei Frauengestalten um ihren Anspruch auf die Prinzessin. Die beiden Figuren repräsentieren Asien, die mit der Tatsache argumentiert, dass sie das Kind geboren und aufgezogen habe, sowie den gegenüberliegenden, noch namenlosen Erdteil. Diese Figur beruft sich auf den Willen Jupiters und zieht das Mädchen mit sich. Die Dichtung gipfelt im Hinweis, dass Europa »Herrscher über die Menschen gebären« werde. Später unterstrich Horaz in seiner Ode 3,27 die Benennung der Hälfte der Welt nach Europa, Ovid sprach in seinen »Fasti« vom dritten Teil der Welt, der den Namen der Prinzessin tragen werde.
Gegenüber diesen panegyrischen und bukolischen Ausarbeitungen des Mythos erschienen auch schon in der Antike Ansätze zur euhemeristischen Deutung der Europa-Geschichte, ihrer Entführung durch Zeus und der anschließenden Zeugung mehrerer Söhne: Herodot etwa berichtete von einer simplen Entführung durch die Kreter. In einer solchen Perspektive, die in der frühchristlichen Zeit verstärkt in den Vordergrund treten sollte, wurde der Mythos auf einer profanen Ebene verankert, indem er Europa zum Opfer einer Entführung durch Menschenhand machte – in späteren Jahrhunderten war zuweilen die Rede von einem geschickten Kuppler oder einem Kaufmann. Ohne diese kritische Brechung nahmen sich in der Antike zahlreiche Autoren des Motivs an, um die schlichte Grunderzählung zur Basis dichterischer Ausgestaltung zu machen, in der erotische und bukolische Elemente im Vordergrund standen. Der gesamte Handlungsverlauf führte in seiner breitesten Anlage vom Moment, in dem Zeus sich in die schöne Europa verliebt, zunächst zur Vorbereitung der Entführung: Der Göttervater beauftragte Merkur, eine Stierherde an den Ort zu treiben, an dem sich die Prinzessin Europa mit ihren Gespielinnen vergnügte. Hier erschien Zeus dann in Form eines schönen und wohlriechenden Stiers, der sich mit menschenähnlichem Verhalten in das Spiel einfügte. Im Spiel stieg Europa auf seinen Rücken, woraufhin er sie über das Meer nach Kreta entführte – einmal dort angekommen, nahm er wieder menschliche Form an und zeugte die bereits erwähnten Söhne.
Die Bedeutung dieser spezifischen Europa ist für die frühe Zeit nicht exakt zu veranschlagen. Mehrere lokale Kulte können nachgewiesen werden, so dass die religiöse Dimension in ausgewählten Regionen nicht unterschätzt werden sollte. Als Zeugnisse sind etwa Münzbilder aus Gortyn (Kreta) zu nennen; einen dortigen Kult am Ort des angeblichen Beilagers von Europa und Zeus erwähnte noch Plinius der Ältere. Dass der Europa-Name mit lokaler und regionaler Ausbreitung auch als Bei-Benennung weiterer Gottheiten wie Hera oder Demeter nachzuweisen ist, muss keinesfalls in einem direkten Zusammenhang mit jener ›Erdteil-Europa‹ stehen, sondern spricht vielmehr für die Existenz weiterer Figuren desselben Namens. Auch mag es zutreffen, dass der sich verfestigende und ausbreitende Mythos zur Entstehung einzelner Kultstätten beitrug. Auf das Ganze gesehen tritt die religiöse Dimension aber gegenüber der wahrnehmungsprägenden Wirkung der mythischen Erzählung deutlich in den Hintergrund: Im Ergebnis gab die Antike an das Mittelalter das Wissen um eine Prinzessin Europa weiter, die aus der Levante nach Kreta entführt worden sei und nach welcher der Erdteil im Nordwesten der bekannten Welt benannt wurde.
Grenzen Europas in der Antike
Unter den mit Europa angesprochenen Phänomenen erscheint sicher die geographische Größe des Erdteils am handgreiflichsten: Sie steht dem modernen Menschen nicht nur aus seinem alltäglichen Sprachgebrauch (und der – wenngleich meist medial vermittelten – Alltagserfahrung) lebhaft vor Augen, sondern bildet zugleich im gängigen Vorverständnis das beständige Substrat, auf dem weitere Sinnhorizonte angelagert sind: von der realen oder konstruierten Kulturgemeinschaft der Einwohner bis hin zur politischen Organisation der Staaten auf dem Kontinent. Für die vorliegende Fragestellung nach den Deutungshorizonten, die mit dem Europa-Begriff verbunden sind, ist das konkrete geographische oder chorographische Wissen um die Beschaffenheit einzelner Regionen von nachrangiger Bedeutung. Es geht im vorliegenden Kontext nicht darum, ob etwa einzelne Autoren der griechisch-römischen Antike um die Existenz Skandinaviens wussten oder die Ausdehnung der von den Germanen besiedelten Regionen (aus heutiger Perspektive) ›korrekt‹ einschätzten. Stattdessen soll hier vielmehr der Frage nachgegangen werden, ob und wie Europa als Ganzes in den Rang eines eigenständigen Erdteils erhoben wurde und welche kulturellen Deutungsmuster mit diesem Prozess verbunden waren. Von besonderer Bedeutung ist daher der Aspekt der Grenze, und dies in zweifacher Hinsicht: Zum einen interessiert ganz pragmatisch die Setzung ihres Verlaufs, zum anderen aber auch die Bedeutung, die ihr von einzelnen Autoren zugeschrieben wurde.
In der griechisch-römischen Antike blieben die äußeren Grenzziehungen des als Europa bezeichneten geographischen Raums lange im Fluss: Zunächst ist eine ›kleinräumige‹ Interpretation, die den Europa-Begriff zur Bezeichnung Mittelgriechenlands und des thrakisch-makedonischen Nordens nutzte, von der heute geläufigen Zuschreibung an den Gesamtkontinent zu unterscheiden. Die eng gefasste Sprachtradition ist als älteste geographische Verwendung des Europa-Namens erstmals in einem Apollon-Hymnus des frühen 6. Jahrhunderts v. Chr. nachzuweisen und wirkte weit über die Antike hinaus: In byzantinischer Zeit existierte weiterhin eine Provinz Europa, die in der Reichsreform Diokletians im späten 3. Jahrhundert n. Chr. der Diözese Thracia zugeschlagen wurde, und Synodalakten der frühchristlichen Zeit spiegeln das Fortleben dieser regionalen Bezeichnung wider. Noch kleinteiliger stellen sich lokale Benennungen dar, die sich auf Städte oder Flüsse vor allem in Makedonien, aber auch in Kleinasien bezogen.
Europa, Asien und Afrika – die dreigeteilte Welt?
In einer zweiten, erweiterten Benennungstradition wurde der Europa-Name daneben auch schon früh für den gesamten Erdteil genutzt, der sich westlich des Bosporus bis zur Atlantikküste hin erstreckte. Die Entwicklung der geographischen Tradition kann an dieser Stelle nicht im Detail verfolgt werden, wohl aber sind ihre grundlegenden Züge zur Orientierung zusammenzufassen: Die Gegenüberstellung zweier Erdteile, nämlich Europas und Asiens, ist bei Hekataios von Milet um 500 v. Chr. belegt und kannte wohl bereits Vorläufer in der ionischen Geographie. Auch die Erweiterung dieses Bildes auf drei Erdteile kann wohl Hekataios zugeschrieben werden, während Herodot sich noch im 5. Jahrhundert v. Chr. in seinem Werk polemisch gegen die existierenden Versuche wandte, die Ökumene darzustellen. Sein Unverständnis galt dem Bestreben, die eine Erde in unterschiedliche Stücke zu unterteilen, der Unsicherheit bei der Grenzziehung sowie der Frage der Benennung, da ja die mythische Figur der Europa niemals den nach ihr benannten Erdteil betreten habe. Zwar akzeptierte Herodot letztlich die geographische Dreigliederung, in kulturell-historischer Hinsicht machte er aber vor allem die bipolare Ordnung zwischen Griechen und Persern erzählerisch fruchtbar, indem er sie als Frontstellung zwischen Europa und Asien umsetzte.
In der Folgezeit wurden beide Ansichten – die Zwei- wie die Dreiteilung – weiter tradiert, so dass sich vorerst kein eindeutiges Bild ergab: Einerseits betrachteten bis in die römische Zeit hinein Autoren wie Varro, Seneca und Marc Aurel die Welt als zweigeteilt, andererseits setzte sich das Modell der Dreiteilung immer weiter durch und verdrängte zur Spätantike hin die konkurrierende Ansicht, die auch bei Augustinus und Orosius noch referiert, aber nicht mehr übernommen wurde. Vorher schon fand sich allerdings in der »Naturgeschichte« Plinius des Älteren die schlichte, aber effiziente Formel: Terrarum orbis universus in tres divitur partes: Europam, Asiam, Africam, welche die spätere Tradition des Mittelalters weithin prägte. Unterschiede fanden sich insbesondere hinsichtlich des Wissensstandes der jeweiligen Autoren zu einzelnen Regionen.
Selbst wenn einzelne Autoren hinsichtlich der Zwei- oder Dreiteilung der Ökumene übereinstimmten, bedeutete dies noch keinen vollständigen Konsens im Bezug auf die Abgrenzung der Erdteile. Zwar kannten praktisch sämtliche Werke die Grenzfunktion des Mittelmeers, das Europa und Afrika voneinander schied, aber der Übergang zwischen Europa und Asien sowie zwischen Asien und Afrika (oder Libya) wurde kontrovers diskutiert. Lässt man die letztgenannte Grenze außer Betracht, für die mit der Zeit der Lauf des Nils akzeptiert wurde, so erscheint die Grenzfrage zwischen Europa und Asien zweigeteilt: Schon früh begegnet der Hellespont als Trennscheide zwischen den beiden Erdteilen. Problematischer war dagegen die Grenzziehung im Norden: Es bot sich an, die Linie des Hellespont über das Schwarze Meer und das Asowsche Meer (den Palus Maeotis) fortzusetzen. Da die weiter nördlichen Gebiete kaum bekannt waren, ergab sich hier Interpretationsspielraum, der zu unterschiedlichen Vorschlägen führte. Einerseits wurde der Don (Tanais) als Grenze genannt, andererseits der Rioni (Phasis).
Von stärkerem Interesse als die Unsicherheiten hinsichtlich der geographischen Realitäten erscheint allerdings die Frage, welche Bedeutung dieser Grenze überhaupt zugeschrieben wurde. Lenkt man den Blick auf dieses konkrete Problem, so fällt rasch auf, dass die Grenzfrage für den Norden auf lange Sicht vorwiegend akademisch-theoretischen Charakter besaß. Wichtiger war für die Zeitgenossen die Situation um den Hellespont, der klar Europa und Asien voneinander schied: Beide Erdteile trafen hier aufeinander und vor dem Hintergrund der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Persern und Griechen bot sich hier auch die Möglichkeit zu kulturellen Aufladungsprozessen. Es kann daher nicht überraschen, dass bei Autoren wie Aischylos, aber auch bei Herodot, das Bild eines Konflikts zwischen Asien und Europa aufschien.
Eine Grenze mit Bedeutung
Die entstehende Dichotomie zwischen den beiden Erdteilen war nichts weniger als selbstverständlich, stellten doch die kleinasiatischen Siedlungen einen wichtigen Teil des griechischen Kulturraums dar: Herodot selbst stammte aus Halikarnassos an der südwestlichen Küste Kleinasiens, so dass einerseits eine Identifikation mit Europa nicht nahe lag und ihm andererseits die Verteilung der griechischen Siedlungen beidseits der von ihm anerkannten Grenzlinie deutlich vor Augen stand. Tatsächlich erscheint bei ihm (wie bei anderen auch) die Europa-Asien-Dichotomie entsprechend sekundär, während vor allem der Gegensatz zwischen Griechen und Nicht-Griechen von grundlegender Bedeutung war. Die Zuschreibung bestimmter Charakteristika an die Erdteile blieb dennoch nicht ganz aus.
Grundlage für eine solche Deutung war dabei zunächst weniger die Feststellung fundamentaler kultureller Unterschiede zwischen Griechen und Persern, als vielmehr die Anerkennung der Hellespont-Grenze als Teil einer göttlichen Ordnung: Die beiden Erdteile Europa und Asien waren nicht zufällig voneinander getrennt, und der Versuch, sie zu vereinen, stellte einen hochmütigen Verstoß gegen den göttlichen Willen dar. Während die homerische »Ilias« eine solche Vorstellung noch nicht kannte, waren sich im 5. vorchristlichen Jahrhundert Herodot und Aischylos hier einig. In dieser Epoche entstand also das Motiv eines Konflikts oder Krieges zwischen Europa und Asien, das über längere Zeit hinweg immer wieder abgerufen werden konnte. Das aus moderner Perspektive griffige Bild war aber weit davon entfernt, die Wahrnehmung der Zeitgenossen zu dominieren, blieb doch weiterhin die Gegenüberstellung von Griechen und Barbaren das zentrale Gliederungsprinzip.
Dieser Schluss ist durch die Beobachtung zu untermauern, dass die binäre Ordnung der Erdteile keine Gleichsetzung Europas mit den Griechen nach sich zog, wenngleich der Redner Isokrates den Erdteil-Namen mehrfach im politischen Kontext instrumentalisierte. Ein Hintergrund dieses Gebrauchs ist sicherlich im Problem zu suchen, vor dem Isokrates aufgrund der politischen Situation stand: Gegen die Gefährdung durch das persische Reich empfahl er einen Schulterschluss mit den Makedonen. Da die Hellenen auf diese recht verächtlich herabsahen, kam eine Bezeichnung der avisierten Gemeinschaft durch eine ›griechische‹ Terminologie kaum in Frage. Europa bot hier einen Ausweg, zumal der Begriff hinsichtlich einer Frontstellung zwischen Griechen und Persern zumindest vorgeprägt, darüber hinaus aber wenig festgelegt war.
Plinius der Ältere erklärte den Erdteil kurzerhand zum schönsten aller Länder.
In der polemischen Gegenüberstellung des ›Kulturvolks‹ der Griechen und der ›verweichlichten‹ Asiaten bei Isokrates klangen zugleich Argumente an, die sich auch im medizinisch ausgerichteten Schrifttum fanden. Die (pseudo-)hippokratische Schrift über die »Lüfte, Wasser, Orte« zog auf der Grundlage klimatentheoretischer Erwägungen Schlüsse auf den Charakter und die Kultur der jeweiligen Bevölkerungen. Durch die spezifischen Einflüsse der Umwelt auf den Charakter der Bewohner seien die Asiaten kriegsuntüchtig und servil, während die Europäer nicht nur kämpferisch seien, sondern auch kulturell und politisch überlegen. Im Hintergrund dieser Wertung steht dabei nicht einfach, wie man zunächst vermuten könnte, eine Schmähung des fremden Asien. Ganz im Gegenteil charakterisierte der Autor dieses Gebiet als Land eines milden Klimas, wunderbaren Wachstums und kultivierter Sitten. Erst sekundär stellte er fest, dass auf dieser Grundlage eben keine Tapferkeit entstehen könne, wie sie die Europäer kennzeichne.
Dieses Bild einer Weltordnung, die auf der Frontstellung zwischen zwei unterschiedlich aufgeladenen Einheiten beruht, ist allerdings nicht uneingeschränkt zu verallgemeinern: Zwar wirkten die klimatentheoretischen Überlegungen weiter und fanden in Aristoteles‘ »Politik« ebenso Eingang wie in Platons Schrift vom »Staat«. Allerdings wandelten die beiden Philosophen das (pseudo-)hippokratische Bild ab, indem sie die Vorzüge der Ausgeglichenheit betonten, während die Extrempositionen in ihren Augen negative Auswirkungen nach sich zogen. Auf dieser Grundlage konnten sie die Positionierung der Griechen an der Grenze zwischen Europa und Asien wertschätzen, die von den Vorteilen beider Erdteile profitierte.
Wenngleich in der Literatur immer wieder die Suche nach einer ›politischen‹ Fassung des Europa-Begriffs mit der resignativen Formel von einer ›rein geographischem Verwendung‹ des Worts kontrastiert wird, so ist dieser Interpretationsansatz doch korrekturbedürftig. Zwar bieten die zum Teil nur fragmentarisch überlieferten Texte der griechischen Geographen kaum Hinweise auf eine besondere Wertschätzung oder Idealisierung Europas, dessen Grenzen und Länder sich zudem in den unbekannten und wenig gastlich erscheinenden Gebieten des Nordens verlieren. Schon in römischer Zeit zeigten sich aber erste Ansätze einer Hierarchisierung der Erdteile, die auf ganz natürliche Weise mit den ›naturgeschichtlichen‹ Ausführungen verbunden schienen. Während in der Dichtung und im Bereich des staatspolitischen Schrifttums Europa für die römischen Autoren nur eine nachrangige Rolle spielte, drückte das geographische Schrifttum zuweilen klar das Lob des eigenen Erdteils aus. In diesem Sinne hob Strabo die Vorzüge Europas hervor, das »besonders tüchtige Menschen und gute Staatswesen« hervorbringe, und Plinius der Ältere erklärte den Erdteil kurzerhand zum schönsten aller Länder. Zwar spielte hier der Vergleich mit einem ›Außen‹ implizit noch eine Rolle, aber eine klare Kontrastierung im Sinne der punktuell nachweisbaren griechischen Dichotomie zwischen Europa und Asien fand angesichts der bereits erfolgten Ausweitung der römischen Macht über alle drei Erdteile keinen Raum mehr. Ähnliches gilt auch für Manilius, der in seinen »Astronomica« Europa als letzten der drei Erdteile vorführte: In seiner Darstellung hob er vor allem den Bevölkerungsreichtum und die bedeutende Rolle in den Wissenschaften hervor. Interessant erscheint hier zudem die Andeutung einer Aufgabenteilung, in der Manilius den Römern die Herrschaft zuwies, während andere Regionen eigene Vorzüge und Charakteristika besäßen.
Politische Deutungen?
Während also in der griechischen Antike einzelne Ansätze zu einer politischen Aufladung der Grenze zwischen Europa und Asien zu beobachten waren, fanden sich entsprechende Verweise im römischen Kontext nur selten. Einen Hintergrund hierfür bildet zweifellos die imperiale Stellung, die Rom sich noch in vorchristlicher Zeit eroberte und die Herrschaftsansprüche über Gebiete auf allen drei Kontinenten mit sich brachte. Während das imperiale Vorbild Alexanders des Großen in historischen Bezugnahmen zunächst vor allem im Sinne einer Herrschaft über Europa und Asien interpretiert – und auch bildlich dargestellt – wurde, erweiterte die Ausdehnung des Imperium Romanum den Referenzrahmen und verwies die Grenze zwischen Europa und Asien auf den zweiten Rang. Grundsätzlich sprachen sich die Vertreter und Panegyriker Roms eine Machtposition zu, die nur durch die Ränder der bewohnten Ökumene begrenzt sein sollte. Wie Jean-Louis Ferrary (»L’empire romain, l‘ oikoumene et l’Europe«) unterstrich, konnte Europa in diesem Zusammenhang allerdings in zweierlei Hinsicht eine Sonderrolle einnehmen: Als Herkunftsraum der zur Weltherrschaft berufenen Römer, sowie als Gebiet, in dem Rom die großen Imperien der Vergangenheit überwunden hatte, zu denen insbesondere das Makedonen-Reich zählte.
Damit bleibt im Überblick das Europa der Antike trotz mancher Preisungen und Instrumentalisierungen als politischer Begriff weitgehend konturlos: Wo es in historiographischen, philosophischen oder auch gerichtlichen (also im Wortsinne forensischen) Texten erschien, verwies das Wort in unscharfer Ausrichtung auf eine vage Kultur- oder Schicksalsgemeinschaft, die es zu mobilisieren galt. Konzepte, die es zu einer eigenständigen Herrschaftseinheit erhoben hätten, sind keine bekannt. Bestenfalls zögerlich klingen einschlägige Gedanken in vereinzelten Passagen an, welche die Herrschaft einzelner Personen oder Reiche über mehrere Erdteile feiern. Dies traf etwa, wie bereits erwähnt, auf Alexander den Großen zu, aber auch auf Kaiser Augustus, den eine auf der Nil-Insel Philae gefundene Inschrift als »Herrn über Europa und Asien« bezeichnete. In solchen Zusammenhängen, die in der zeitgenössischen Historiographie mehrfach aufscheinen, handelt es sich aber grundsätzlich nicht um eine Hervorhebung Europas im Sinne einer Sonderrolle. Stattdessen wird der Erdteil hier als Bestandteil einer Formel angesprochen, die das Weltganze repräsentiert, von dem er nur einen Teil darstellt. Im Kontext der Inschrift auf Philae entspricht die Wendung daher dem Anspruch auf eine Herrschaft im Okzident und Orient, womit in knappster Form eine universale Dimension skizziert war.
Ganz Griechenland und Europa wurde zu den Waffen gerufen – wegen einer Frau.
Das ›Erbe‹ der Antike
Ein resümierender Überblick über die Wissens- und Glaubensbestände, die sich in der Antike an den Europa-Namen angelagert hatten und die in die mittelalterliche Tradition Eingang finden konnten, bietet daher ein zwiespältiges Bild: Herausragende kultische oder politische Bedeutung war Europa nie zugekommen, sieht man von einzelnen polemischen Stilisierungen ab, die den Begriff situativ motiviert gegen jeweils konkrete politische Gegner ›abriefen‹. Zugleich aber zeugen zahlreiche Texte und Objekte von der Popularität und Verbreitung des Mythos, dessen Wiedergabe zugleich das Spiel mit dem Erotischen erlaubte – neben den Textquellen sind insbesondere erhaltene Objekte zu nennen, die mit einzelnen Szenen der Europa-Geschichte geschmückt wurden oder die den Mythos gar in großformatiger Darstellung im Bild fassten. Nachgerade emblematische Funktion kam dabei dem Ritt der Europa auf dem Rücken des Stiers zu, der auf den unterschiedlichsten Bildträgern verewigt wurde, von Tonvasen über Münzbilder bis hin zu Bodenmosaiken. Eine besonders große Zahl einschlägiger Gegenstände Objekten ist aus der Zeit des 1. vorchristlichen und 1. nachchristlichen Jahrhunderts bekannt, wobei auch schon frühere Hochphasen der Beliebtheit festzustellen sind. Selbst wenn bei weitem nicht alle Bilder einer Frau auf dem Rücken eines Stiers tatsächlich Europa darstellen müssen, sondern auch Mänaden oder Göttinnen repräsentieren können, zeugt die ansehnliche Zahl der noch existierenden oder zumindest bekannten Objekte unbestreitbar von der weiten Verbreitung und Beliebtheit des Motivs, das insbesondere für Bodenmosaike gerne gewählt wurde.
Auch die Frontstellung zwischen den Erdteilen – vor allem zwischen Europa und Asien – lebte insbesondere in literarischen Bearbeitungen der alten Heldenerzählungen weiter. Ohne diese Dimension allzu stark zu explizieren, hatte Vergil in seiner Aeneis ja den Weg der Herrschaft und Kultur vom asiatischen Troja nach Europa beschrieben. Auch für die christlichen Gesellschaften des Mittelalters hatte er damit den Grundstein einer lange wirksamen Tradition gelegt, die sich in einer ganzen Reihe von Herkunftssagen einzelner Völker niederschlagen sollte. Die griechischen und trojanischen Stoffe wurden aber auch in einem weiteren Sinne wirksam und boten mancherlei Bild- und Motivvorlagen, die in späteren Texten aktiviert werden konnten. Ohne jemals wirklich zentral zu werden, wurde Europa hier gewissermaßen als ›Nebenprodukt‹ mitgeführt, wie das Beispiel des sogenannten »Dares Phrygius« zeigt, unter dessen Namen eine lateinische Übersetzung der Trojageschichte überliefert ist, die wohl aus dem 6. Jahrhundert stammt: Die Griechen sind hier mit den »kriegerischen Männern« verbündet, über die Europa verfügt. Wirksamer als dieses Motiv dürfte allerdings der klagende Hinweis gewesen sein, dass wegen einer Frau, also Helena, ganz Griechenland und Europa zu den Waffen gerufen worden seien – ein Gedanke der auch in mittelalterlichen Texten in abgewandelter Form zu finden ist.